Die jüngsten Daten zeigen einen weiterhin hohen Inflationsdruck in den USA; ähnlich wie in Europa. Die Finanzmärkte haben ihre Erwartungen an die US-amerikanische und europäische Geldpolitik in den Jahren 2022 und 2023 völlig neu bewertet und sind daher momentan besser aufgestellt, um mit stärkeren Inflationsdaten fertig zu werden.
Geopolitik
Die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine bleiben die wichtigste Unbekannte für die Märkte. Der Cboe Volatility Index (VIX Index) ist diese Woche stark gestiegen. Er erreichte etwa einen Wert von 32, was zeigt, dass unter den Anlegern Nervosität herrscht.
Die potenziell wichtigste Auswirkung der Russland-Ukraine-Krise für Europa ist das Risiko, dass sich eine Verschärfung auf die Energiemärkte auswirkt, einen Rückgang der Erdgaspreise möglicherweise beendet und für eine Verschlechterung des kurz- und mittelfristigen Inflationsausblicks sorgt.
Die Renditen der Bundesanleihen waren im Zuge der Wende der Europäischen Zentralbank hin zu einer aggressiveren Geldpolitik in der ersten Februarwoche stark gestiegen. Inzwischen haben sie sich stabilisiert (siehe Diagramm 1), reagieren aber weiterhin empfindlich auf Neuigkeiten, was mit auf längere Sicht höheren Energiepreisen rechnen lässt.

Immer neue Inflationsrekorde
In diesem Jahr gab es bisher in jeder Woche neue Episoden der radikalen geldpolitischen Wende der führenden Zentralbanken in den USA und Europa, die von diesen eingeleitet wurde, weil sie vom Rhythmus der Inflation überrascht waren, der schneller ausfiel und länger anhielt als erwartet.
In den letzten Tagen änderte sich an diesem Narrativ nichts.
Breiter basierter Inflationsdruck
Die US-Verbraucherpreisinflation (VPI) für Januar, die am 10. Februar veröffentlicht wurde, zeigte, dass die Kerninflation auf annualisierter Basis ihre höchste Rate seit 1982 erreicht hat. Die Inflation war hoch und breit basiert: Die Preissteigerung für Kernprodukte näherte sich mit 11,7 % im Jahresvergleich ihrem 1975 erreichten Allzeithoch von 12,6%. Die Ursachen für den Inflationsdruck beschränkten sich nicht auf die Störungen der Lieferketten für Waren, denn die Preise für Kerndienstleistungen steigen derzeit so schnell wie zuletzt Anfang der 1990er Jahre.
Am 15. Februar folgten die US-Erzeugerpreisinflationsdaten für Januar, die einen Anstieg deutlich über den Markterwartungen zeigten (+1 % im Januar und +9,7 % auf annualisierter Basis).
Das US Bureau of Labor Statistics beschrieb die Preissteigerung im Januar als breitbasiert, was die Sorgen des Marktes bezüglich des zunehmenden Inflationsdrucks noch erhöhte.
Protokoll der FOMC-Sitzung: Das Inflationsrisiko dürfte zunehmen
Das am 16. Februar veröffentlichte Protokoll der letzten FOMC-Sitzung vom 25.-26. Januar zeigt, dass die steigende US-Inflation den FOMC-Mitgliedern Sorgen bereitet, und es gab verschiedene Gründe, aus denen der Inflationsdruck wahrscheinlich anhalten dürfte:
„Die Sitzungsteilnehmer sind sich einig, dass die Inflationsentwicklung extrem unsicher ist und dass das Inflationsrisiko zunehmen dürfte. Sie führten verschiedene Risiken auf, unter anderem:
- Die Null-Covid-Politik in China, die für weitere Störungen der Lieferketten sorgen könnte
- Mögliche geopolitische Unruhen, die zum Anstieg der Energiepreise weltweit oder zu einer Angebotsverknappung auf internationaler Ebene führen könnten
- Eine Verschlimmerung der Pandemie
- Anhaltendes stärkeres Wachstum der Reallöhne als der Produktivität, das zu einer inflationären Lohn-Preis-Spirale führen könnte, oder
- die Möglichkeit, dass die langfristigen Inflationserwartungen nicht mehr fest verankert sein werden.“
An anderer Stelle im Protokoll wird erwähnt, dass die geldpolitischen Entscheidungsträger eine Straffung der Geldpolitik planen könnten, eventuell sogar so stark, dass manche sie für übertrieben halten:
„Die meisten Marktteilnehmer wiesen darauf hin, dass sie es für angemessen halten, dass der Ausschuss die entgegenkommende Geldpolitik schneller strafft als derzeit erwartet, falls die Inflation nicht so schnell zurückgehen sollte wie vorhergesehen. Einige Teilnehmer gingen auf das Risiko ein, dass sich die finanziellen Bedingungen aufgrund einer schnellen Abkehr von der akkommodierenden Geldpolitik übermäßig straffen könnten.“
Die Märkte wahrten angesichts des Protokolls ihre Gelassenheit
Die Märkte nahmen dieses Protokoll entschieden hin. Da keine bestimmte Absicht erwähnt wurde, die Leitzinsen um mehr als 25 Bp anzuheben, ging die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung um 50 Bp bei der FOMC-Sitzung Mitte März gemäß dem Markt für Fed Funds Futures von 65 % auf 50 % zurück.
Die US-Renditekurve versteilerte sich (nachdem sie in der vergangenen Woche deutlich abgeflacht war). Insgesamt zeigte die Reaktion des Marktes eine Erleichterung, dass das Protokoll keine schlechteren Neuigkeiten (zu einer noch aggressiveren Geldpolitik) bereithielt.
Unsere Positionierung
Aufgrund der zahlreichen Veränderungen des Inflationsnarrativs seit Jahresbeginn scheint eine Pause möglich, oder es könnte sogar der Eindruck entstehen, dass die Inflationsangst einen Höhepunkt überschritten hat. Wir sträuben uns gegen diese Idee und lassen das Zinsrisiko in unseren Portfolios für festverzinsliche Anlagen und in unseren Multi-Asset-Portfolios untergewichtet.
In unseren Multi-Asset-Portfolios geben wir Rohstoffen den Vorzug, und – auf taktischer Basis – Aktien aus Europa (ohne UK) und Japan.
Die jüngsten Daten zur Unternehmensberichtssaison des vierten Quartals 2021 zeigen, dass europäischen Unternehmen ein geringerer Lohndruck und ein schwächerer Euro zugutekommen, was Gewinnen und Umsatz zuträglich ist.
Disclaimer
