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Wöchentliches Investment-Update – Die neue Covid-Variante und die unterschiedlichen Geldpolitiken der Fed und der EZB

Die Aktienkurse ließen kräftig nach angesichts der neuen Covid-Variante Omikron und eines befürchteten neuen Lockdowns. Die Diskussionen um die Wirksamkeit der bestehenden Impfstoffe verstärkten diese Unsicherheit.

Es wird ein paar Wochen dauern, bis man mehr über diese Variante weiß. Weltweit kam es wieder zu Reisebeschränkungen, Grenzkontrollen und Verschärfungen der Test- und Quarantänevorschriften.

An den Finanzmärkten bestanden aber schon vor Omikron Sorgen aufgrund der Inflations- und geldpolitischen Risiken. Inzwischen ist es noch ungewisser, ob die Aktienmärkte eine weitere COVID-bedingte Wachstumsverlangsamung auch mit weniger Unterstützung durch die Zentralbanken überstehen.

Gleichzeitig sind die Zentralbanken mit Entwicklungen konfrontiert, die anscheinend eine gegensätzliche Politik erfordern: Mit zunehmendem Inflationsdruck, der für eine Straffung spricht, und einem steigenden Covid-Risiko, das eine Lockerung erforderlich machen könnte.

Die Fed steckt in einem Dilemma

Die Geldpolitik der US-Notenbank steht an einem Wendepunkt, der verlangt, dass sie ihre drei Kriterien für Zinserhöhungen nach dem ersten Zinsschritt abwägt  

  • Erhöhung der Beschäftigungsquote
  • Langfristige Begrenzung der Inflation auf 2%
  • Akzeptanz eines kurzfristigen moderaten Inflationsanstiegs über 2%.  

Der jüngste Anstieg der Verbraucherpreisinflation auf ihren höchsten Stand seit den 1990ern vor dem Hintergrund von uneinheitlichen Arbeitsmarktindikatoren – niedrige Erwerbsquote und hoher Lohnanstieg (Diagramm 1) – macht diesen Balanceakt so gefährlich.

Diagramm 1: Uneinheitliche Signale – Niedrige US-Erwerbsquote bei steigenden Löhnen

Datenstand: 21. November 2021, Quellen: Haver, BNP Paribas Asset Management

Die neue COVID-Variante macht die Aufgabe der Fed schwieriger. Zum einen könnte sie bedeuten, dass die Störungen der Lieferketten anhalten, was den Inflationsdruck noch erhöhen würde. Zum anderen könnte sie den Neustart der Wirtschaft hinauszögern, was zu Lasten des Wachstums und der Beschäftigung ginge.

Vor diesem Hintergrund könnte die Stimme der neuen Fed-Vizepräsidentin Brainard an Gewicht gewinnen. Sie könnte die Messlatte für die maximale Beschäftigung höher setzen als ihr Vorgänger in diesem Amt, Richard Clarida. Dies hätte möglicherweise Folgen für den erwarteten Zeitplan für Zinserhöhungen.

Sollte Omikron sich als relativ resistent gegen Vakzine erweisen, könnte es das Wiederanlaufen der Wirtschaft verlangsamen, was für eine gemäßigte Geldpolitik sprechen würde, obwohl die Inflation wegen der anhaltenden Lieferengpässe hoch bleibt.

Noch vor kurzem ließen fallende Realrenditen und eine starke Wachstumserholung US-Aktien steigen. Solange die Befürworter einer Straffung innerhalb der Fed nicht den Rückzug antreten, könnte nun die Verflachung der Renditekurven und der Druck auf Wachstumstitel wegen der neuen Omikron-Variante im Fall eines Zinsanstiegs die Aktienmärkte belasten.

Befürworter einer expansiveren Geldpolitik haben in der EZB die Oberhand

Die EZB ist mit veränderten makroökonomischen Bedingungen konfrontiert. In der Eurozone scheint eine Zinserhöhung wegen des verlangsamenden Wachstums trotz der höheren Inflation in weiter Ferne zu liegen (Diagramm 2). Während der Markt erwartet, dass die EZB das Pandemie-Notfallankaufprogramm (PEPP) im März 2022 auslaufen lässt, dürfte sie ihr Wertpapierkaufprogramm (APP) fortsetzen und vielleicht sogar erhöhen.

Diagramm 2: Inflationsanstieg in der Eurozone

Datenstand: 21. November 2021; Quellen: Haver, BNP Paribas Asset Management

Wegen des geringeren Wachstums der Löhne und der Verbrauchernachfrage scheint die Inflationsdynamik in der Eurozone schwächer zu sein als in den USA. EZB-Präsidentin Lagarde hat die Erwartung, wonach der schnelle Preisanstieg 2022 durch Zinserhöhungen im Zaum gehalten werden könnte, nachdrücklich (aber aus Sicht vieler Marktakteure nicht überzeugend genug) zurückgewiesen.

Dies deutet alles darauf hin, dass die Politiken der Fed und der EZB im nächsten Jahr erheblich voneinander abweichen könnten. Europa ist aber immer noch, wie der Rest der Welt, mit einem neuen COVID-Risiko konfrontiert. Aufgrund dessen kann sich die geldpolitische Entwicklung, sei sie nun expansiv oder restriktiv, kurzfristig ändern.

Omikron in Asien – Begrenzte Auswirkungen dank Impfungen?

Die neue Omikron-Variante bringt auch ein kurzfristiges Risiko für den Ausblick Asiens mit sich. Zur Bekämpfung der Pandemie hat die Politik in Asien eher auf gezielte selektive als auf umfassende Lockdowns gesetzt.

Im Vergleich zum Ausbruch der Delta-Variante in Asien Mitte 2021 sind die Impfquoten in der Region nun viel höher. In zehn von zwölf Wirtschaftsräumen hat mindestens 70% der Bevölkerung die erste Impfung erhalten. Solange die neue Variante nicht problematischer als Delta ist, könnte das Abwärtsrisiko für das Wachstum in der Region somit kleiner sein als Mitte 2021.

Die Markteinschätzungen der Auswirkungen von Omikron fallen innerhalb der Region unterschiedlich aus. China, Hongkong und Taiwan haben an ihren Null-Covid-Politiken festgehalten. Die kurzfristigen wirtschaftlichen Folgen dürften daher begrenzt sein, auch wenn sie den wirtschaftlichen Neustart und die Erholung des Konsumwachstums verzögern.

Australien, Japan, Südkorea und Singapur sind auf eine „Leben-mit-Covid“-Strategie umgeschwenkt. Die neue Variante könnte jedoch die Kapazitäten der Krankenhäuser und Intensivstationen zusätzlich unter Druck setzen. Darüber hinaus könnte sie eine Rücknahme der Wiedereröffnung erforderlich machen. Daher besteht in diesen Wirtschaftsräumen ein höheres Risiko für Wachstumsrückschläge als in den drei genannten, von China abhängigen Wirtschaftsräumen.

Die Wirtschaftsräume Indiens und der ASEAN-Staaten haben versucht, die Einschränkungen zu verschärfen, als die Fallzahlen deutlich angestiegen sind. Wenn die Herausforderung durch die neue Variante genauso hoch ist wie bei Delta, besteht ein hohes Risiko für erneute Lockdowns, was das Wirtschaftswachstum stärker als im Rest der Region dämpfen könnte.

Was das Angebot betrifft, hat sich gezeigt, dass in Indien und den ASEAN-Staaten ein höheres Risiko von Störungen besteht. So gab es in Indien und den ASEAN-Staaten während der Delta-Welle mehr Produktionsstörungen als im Norden Asiens. Dieses Muster könnte sich wiederholen.

Insgesamt dürfte die Belastung des BIP im Q4 2021 in der Region begrenzt sein, weil die Zahl der Erstinfektionen relativ gering war. Falls die neue Variante das Wiederanlaufen der Wirtschaft verzögern und die Störungen der Lieferketten verlängern sollte, werden in der ersten Hälfte 2022 Risiken für das Wachstum deutlich werden, deren Auswirkungen letztendlich von der Entwicklung des Ausbruchs abhängen.


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