- Die Finanzmärkte kreisen weiter in der Wachstums- und Inflationsspirale. Wir haben die Marktvolatilität genutzt, um die bisherige kurze Duration zu neutralisieren, eine Ansicht, die in Multi-Asset-Portfolios während eines Großteils des Jahres 2022 vertreten wird.
- Angesichts von US-Renditen nahe 4 % – weit entfernt von den 1,75 %, bei denen die Portfolios zu Beginn des Jahres Positionen aufbauten – ist das Risiko-Ertrags-Verhältnis von Short-Positionen in Staatsanleihen jetzt deutlich geringer. Es handelt sich hierbei eher um eine bewertungsbedingte Entscheidung als um eine Änderung unserer fundamentalen Einschätzung.
- Im Fixed Income Bereich bleiben wir bei hoch bewerteten defensiven EUR-Unternehmensanleihen, die wesentlich höhere Ausfälle einpreisen als wir erwarten. Die Positionen sind überwiegend durationsgesichert.
- Die Aktienprämien sind in letzter Zeit leicht gestiegen, liegen aber immer noch deutlich unter dem Stand von Juni bzw. unter dem Wert, der bei rezessivem Wachstum zu erwarten wäre. Während die Aktienkurse gefallen sind, blieben die Ertragserwartungen (überraschenderweise) unverändert.
- Wir haben unsere Allokation in japanischen Aktien reduziert, die sich in diesem Jahr bemerkenswert widerstandsfähig zeigten. Wir bleiben in Japan und China investiert, während wir uns gegenüber europäischen Aktien zurückhalten. Im weiteren Verlauf dieser Veröffentlichung finden Sie einen ausführlichen Bericht über chinesische Aktien. Aktien sind in unseren Portfolios insgesamt neutral gewichtet.
- Im Hinblick auf das Risiko sind wir allgemein vorsichtig; es liegt knapp unter einem Drittel der zulässigen Bandbreite für die Vermögensallokation.
Portfolioausblick
Angesichts von US-Renditen nahe 4 % – und damit in einiger Entfernung von den 1,75 %, bei denen der Anlageausschuss zu Beginn des Jahres Positionen aufbaute (siehe Diagramm 1) – konnten wir aufgrund unserer Positionierung in kurzer US-Duration Gewinne mitnehmen und hoben Staatsanleihen und US-Anleihen in unserem Asset Allocation-Raster auf neutral an (siehe Tabelle am Ende des Artikels).
Dieser Schritt ist in erster Linie bewertungsbedingt, da uns das Risiko-Ertrags-Verhältnis einer kurzen Duration auf diesen Niveaus weniger klar erscheint. Ungeachtet des sich vollziehenden geldpolitischen Paradigmenwechsels (der vor allem im Vereinigten Königreich zu spüren ist) haben sich die finanziellen Bedingungen deutlich verschärft. Die Tatsache, dass die Sorgen über die Wachstumsaussichten wieder in den Vordergrund rücken, dürfte den Aufwärtstrend der Renditen begrenzen.
Bei den festverzinslichen Wertpapieren bleiben wir in hoch bewerteten, defensiven EUR-Unternehmensanleihen investiert, die größtenteils durationsgesichert sind. Wir haben unsere Allokation in japanischen Aktien reduziert, die sich in diesem Jahr bemerkenswert gut gehalten haben, so dass diese jetzt über dieselbe Gewichtung verfügen wie chinesische Aktien.
China geben wir nicht auf, da mit Verspätung starke geldpolitischen Anreize eintreffen. Beide Positionen werden durch eine vorsichtige Haltung gegenüber europäischen Aktien vollständig ausgeglichen, so dass Aktien insgesamt neutral gewichtet sind. Allgemein bleiben wir in unseren Positionen im Hinblick auf das Risiko vorsichtig – es liegt im Quintil der „Aversion“.
Weiterhin zuversichtlich gegenüber China
Die Finanzmärkte reagierten heftig auf die unerwartet hohen US-Inflationswerte; das Ergebnis waren überdurchschnittliche Kursverluste bei Aktien – insbesondere bei gehebelten börsengehandelten Fonds. Diese Entwicklung wurde durch Gewinnwarnungen noch verstärkt.
Die Anleger sind zwar vorsichtig, was sich in einer höheren Volatilität bei kurzfristigen Anleihen (siehe Diagramm 2) und einem erhöhten Verhältnis von Kauf- zu Verkaufspositionen niederschlägt, doch sehen wir nach wie vor ein erhebliches Risiko für einen stärkeren Rückgang der Aktienkurse aufgrund von Gewinnanpassungen. So würde beispielsweise eine Rückkehr zu den dem Trend entsprechenden Gewinnen bei US-Aktien einen Rückgang der Gesamtrenditen um 20 % bedeuten; bei Werten auf halbem Weg zwischen den jetzigen und den Trendwerten wären es etwa 12 %. Da europäische Aktien mit dem größten Gewinnrückgang konfrontiert sind, bleiben sie unsere bevorzugte Short-Position.
Dagegen legen wir bei chinesischen (und japanischen) Aktien ohnehin bereits eine gewisse Vorsicht an den Tag. Der Anlageausschuss ist seit dem Tiefpunkt im März in chinesischen Aktien investiert – eine Position, die nach einem anfänglichen Höhenflug im Vergleich zu globalen Aktien auf der Stelle getreten ist.
Da alle fünf wichtigen Stützfaktoren für chinesische Aktien fest geblieben sind oder sich leicht verbessert haben, insbesondere im Vergleich zum Rest der Welt, bleiben wir pragmatisch.
Lassen Sie uns diese Stützfaktoren einzeln betrachten:
• Die geldpolitische Lockerung beginnt, während die Geldpolitik im Rest der Welt gestrafft wird. Obwohl die Maßnahmen am Immobilienmarkt vielleicht die Erwartungen enttäuscht haben, haben sich die Maßnahmen überschlagen und unser zentrales Makro-Research-Team ist nun wieder zuversichtlicher.
• Ein Schritt zurück bei der Regulierung: Dies war besonders für die technologielastigen MSCI-Indizes wichtig. Die Lockerung hat möglicherweise die Markterwartungen übertroffen. So werden beispielsweise nach einer langen Pause wieder Glücksspiellizenzen genehmigt, nachdem sowohl die Regulierungs- als auch die Cybersicherheitsbehörden im Großen und Ganzen eine wirtschaftsfreundlichere Haltung eingenommen haben. Die meisten in den USA notierten American Depositary Receipts (ADRs) sind jetzt fungibel.
• Die Ertragserwartungen sind mit einem geschätzten Ertragswachstum von 9,5 % für dieses Jahr und 15,5 % für das nächste Jahr weiterhin moderat. Die Gewinnerwartungen für chinesische Unternehmen waren früher zurückgegangen als für den Rest der Welt und steigen nun auch viel früher an. Die Schätzungen auf der Käuferseite sind jedoch eindeutig vorsichtig. Unsere Kollegen aus dem makroökonomischen Research sind zuversichtlich.
• Interessante Bewertungen: Nach einer rasanten Entwicklung im Jahr 2021 war das Kurs-Gewinn-Verhältnis des MSCI China im Vergleich zum breiten ACWI-Index im März auf ein Sechsjahrestief gefallen. Die Bewertungen haben sich seither erholt, da die chinesische Gewinndynamik zwar schwächer, aber angemessen war und die Anlegerpositionierung immer noch deutlich untergewichtet ist.
• Ein starkes Bild aus Bottom-up-Perspektive: Unsere Bottom-up-Analysten haben ihren im April zum Ausdruck gebrachten Optimismus bekräftigt. Chinas Nullzins-Politik war der Joker. Angesichts der jüngsten Wiedereröffnung Hongkongs und der Tatsache, dass Präsident Xi wieder ins Ausland reist, stehen die Zeichen nun positiv. Auch hier werden unsere Kollegen aus dem Research allmählich positiver.
EUR IG-Unternehmensanleihen – wachsende Überzeugung
Die Renditen europäischer Investment-Grade-Anleihen (IG) waren seit Jahresbeginn um ein Vielfaches schlechter als in der jüngeren Vergangenheit (siehe Diagramm 3), was Portfolios interessante Bewertungsgelegenheiten bietet, um günstige Positionen auszubauen. Allerdings sind die Fundamentaldaten so stark wie seit vielen Jahren nicht mehr, und wir sind zunehmend von europäischen IG-Anleihen überzeugt.
Seit Juli sehen wir vier Haupt-Stützfaktoren für erstklassige europäische Unternehmensanleihen. Alle sind nach wie vor vorhanden bzw. haben sich im September leicht verstärkt (insbesondere die Bewertungen):
- Fundamentaldaten: Der Verschuldungsgrad ist allgemein rückläufig, der Zinsdeckungsgrad ist hoch und die Unternehmensbilanzen sind solide, sogar in den anfälligeren Sektoren wie Chemie und Automobil. Unsere Kollegen aus dem Research erwarten eine leichte Rezession ähnlich wie Mitte 2001, die europäischen IG-Anleihen entgegenkommen könnte.
- Bewertungen: Die Spreads liegen nahe an dem Niveau, das sie während der Krise von 2020 erreichten: Europäische IG-Anleihen verfügen über ein implizites Ausfallniveau von 9 % (40 % Erholung). Das ist das Doppelte der schlechtesten 5-Jahres-Rate und das Zehnfache der Durchschnittsrate, was wir für extrem halten. Die erwarteten Ausfälle bei europäischen Hochzinsanleihen liegen bei unter 2 %. Wir sind der Meinung, dass europäische IG-Anleihen im Vergleich zu Aktien interessant bewertet sind.
- Technische Daten: Die Abgänge haben sich stabilisiert, und es gibt sogar erste Anzeichen für Zugänge (siehe Diagramm 4). Viele Unternehmen haben die Laufzeiten ihrer Anleihen verlängert. Eine Unterstützung seitens der Regierungen und der Europäischen Zentralbank (EZB) ist ungeachtet der Rücknahme der geldpolitischen Unterstützung möglich (z. B. in Sektoren wie Versorgungsunternehmen).
- Makroökonomischer Zyklus: Dieser Zyklus könnte anders sein. Die Verschuldung sinkt und die Kassenbestände sind zu Beginn der Phase der Konjunkturabschwächung hoch, so dass kein Druck zum Abbau der Verschuldung besteht, der die Kreditvergabe tendenziell beeinträchtigt.
Multi Asset-Ansichten
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